Im Herbst 2016 hatte das zuständige Entscheidungsgremium von Sachbearbeitern des Landratsamtes Schwarzwald-Baar (LRA) und des Regierungspräsidiums Freiburg die Genehmigung für die beiden Windparks, die auf dem Rappeneck und dem Linacher Rücken versagt. Grund war vor allem das Vorkommen von Milanen und Bussarden an den geplanten Standorten. Der Siventis AG wurde jedoch die Chance eingeräumt, im folgenden Jahr ein weiteres Gutachten erstellen zu lassen (zur Vorgeschichte siehe auch unten stehenden Artikel “Es geht weiter” und Südkurierartikel “Vorläufiges Aus für zwei Windkraftparks bei Furtwangen” vom 11.10.2016. Gleichzeitig beauftragten die Städte Furtwangen und Vöhrenbach die bisher tätigen Gutachter ihre Untersuchungen fortzusetzen. Die drei Gutachten wurden im vergangen Sommer fertig gestellt. Die Initiative Gegenwind beantragte im Juli 2018 nach §24 ff des Umweltverwaltungsgesetzes (UVwG) Einsicht in die Gutachten, der das LRA im Oktober zum Teil entsprach und nur die städtischen Gutachten freigab.
In diesen Gutachten wurden erhebliche Bedenken gegen die Errichtung
der Windparks auf den geplanten Standorten geäußert (Gutachter vom
FGOU zum Standort Linacher Rücken: “Aufgrund der Vielzahl an
Überflügen durch Rotmilan und Wespenbussard ergibt sich eine starke
Gefährdung der beiden Arten durch den Bau und Betrieb der
Windenergieanlagen und somit ein möglicher Verbotstatbestand nach §
44 f BNatSchG.” Gutachter von BIOPLAN zum Standort Rappeneck: “...
kommen wir aus gutachterlicher Sicht zu dem Ergebnis, dass die
Genehmigungsfähigkeit der geplanten Windenergieanlagen aus
naturschutzfachlicher Sicht ernsthaft in Frage zu stellen ist.”).
Der Einblick in das Gutachten des Büros GÖG, das von Siventis
beauftragt wurde, wurde hingegen verwehrt. Zur Begründung verwies das
LRA darauf, dass die Fa. SIVENTIS für sich und das Büro GÖG
Urheberrechte beansprucht, die einer Veröffentlichung
entgegenstünden.
Die Begründung erscheint sehr fragwürdig. Wie die Vergangenheit zeigt,
besteht an dem Genehmigungsverfahren für die Windparkstandorte ein
hohes Interesse der Öffentlichkeit. Die Artenschutzgutachten bilden
eine wesentliche Grundlage für den Entscheidungsprozess. Um der
Allgemeinheit eine möglichst objektive Meinungsbildung und eine
Auseinandersetzung mit den Umweltfragen zu ermöglichen, die
möglicherweise von wichtiger Bedeutung für eine vielleicht
folgenreiche immissionsschutzrechtliche Entscheidung sind, ist
die Kenntnis aller Gutachten unumgänglich. Dies ist auch der Sinn von
§24 des Umweltverwaltungsgesetzes. Aus diesem Grund wurde im
Dezember Widerspruch gegen den Bescheid des LRA eingelegt.
Anfang Februar wurde der Widerspruch vom LRA abgewiesen und der
Vorgang dem Regierungspräsidium Freiburg mit der Bitte um
Entscheidung übersandt. Das Regierungspräsidium hat sich unserer
Argumentation angeschlossen und Ende März das Landratsamt
aufgefordert, unserem Widerspruch abzuhelfen, d.h. unserem Antrag
auf Zugang zu allen Umweltinformationen stattzugeben.
Obwohl das LRA daraufhin gebeten wurde, nun sehr zügig zu entscheiden,
damit nicht noch mehr Zeit verloren geht (immerhin wurde der Antrag
im Juli 2018 (!) gestellt) und wir uns mit den Unterlagen auseinander
setzen können, ist bis heute (Mitte Mai 2019) nichts geschehen.
Wie wir mittlerweile erfahren konnten, beabsichtigt die Fa. SIVENTIS
die Abhilfeentscheidung im Wege der Klageerhebung gerichtlich klären
zu lassen.
Das gesamte Vorgehen erweckt sehr den Eindruck, dass das Landratsamt
eine öffentliche Auseinandersetzung mit den für seine Entscheidung
relevanten Umweltinformationen verhindern möchte, um dann möglichst
ungestört im Wege einer “Überraschungsentscheidung” einen
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid bekanntzugeben.
Dieser Eindruck war bei uns auch schon vorher entstanden, als das LRA
einen schon vereinbarten Gesprächstermin im Januar mit der Initiative
Gegenwind kurzfristig absagte mit der Begründung “Derzeit stehen wir
mit der höheren Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Freiburg
und auch der LUBW zur Klärung artenschutzrechtlicher Fragestellungen
zu den beiden genannten WEA-Standorten in Kontakt. Eine Entscheidung
kann erst getroffen werden, wenn alle Details und offenen Punkte
geprüft sind. Da dies noch etwas Zeit in Anspruch nimmt, macht es im
Moment aus Sicht des Landratsamts keinen Sinn, den weiteren Fortgang
der Angelegenheit mit Ihnen zu erörtern.” Diese Begründung klingt sehr
danach, als ob das LRA nicht an einem ergebnisoffenen Gespräch
interessiert war sondern den Termin nur dazu nutzen wollte, um uns mit
einer schon getroffenen Entscheidung zu konfrontieren.
Ein Vorgehen mit einer “Überraschungsentscheidung” ergäbe
allerdings das verheerende Bild, dass der immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsbescheid des LRA die schwer wiegende Bedenken der
Gutachter der Städte ignorieren und allein auf dem unter
Verschluss gehaltenen Gutachten des von der Siventis bestellten
Gutachterbüros beruhen würde.
Zusätzlich Brisanz erhält dies dadurch, dass sich Siventis mit allen
Mitteln gegen eine Veröffentlichung ihres Artenschutzgutachtens
wehrt. Es erhebt sich da schon die Frage, welche möglicherweise
brisanten Umweltinformationen der Öffentlichkeit dadurch vorenthalten
werden sollen.
Das LRA hatte mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass ihm Transparenz
des Verfahrens ein wichtiges Anliegen ist und sollte dies auch in die
Tat umsetzen. Schon allein der Eindruck, dass sich eine staatliche
Institution wie das Landratsamt der öffentlichen Kontrolle zu
entziehen versucht, Entscheidungen an der Öffentlichkeit vorbei
trifft und Anweisungen der Aufsichtsbehörde missachtet, ist geeignet,
Vertrauen in staatliche Institutionen in erheblichem Maße zu
zerstören.