Mai 2019
Landratsamt verweigert Einsicht in Artenschutzgut­achten von Siventis

Im Herbst 2016 hatte das zuständige Entscheidungsgremium von Sachbearbeitern des Landratsamtes Schwarzwald-Baar (LRA) und des Regierungspräsidiums Frei­burg die Genehmigung für die beiden Windparks, die auf dem Rappeneck und dem Linacher Rücken versagt. Grund war vor allem das Vorkommen von Milanen und Bussarden an den geplanten Standorten. Der Siventis AG wurde jedoch die Chance eingeräumt, im folgenden Jahr ein weiteres Gutachten erstellen zu lassen (zur Vorgeschichte siehe auch unten stehenden Artikel “Es geht weiter” und Süd­kurierartikel “Vorläufiges Aus für zwei Windkraftparks bei Furtwangen” vom 11.10.2016. Gleichzeitig beauftragten die Städte Furtwangen und Vöhrenbach die bisher tätigen Gutachter ihre Untersuchungen fortzusetzen. Die drei Gutachten wur­den im vergangen Sommer fertig gestellt. Die Initiative Gegenwind beantragte im Juli 2018 nach §24 ff des Umweltverwaltungsgesetzes (UVwG) Einsicht in die Gutachten, der das LRA im Oktober zum Teil entsprach und nur die städtischen Gut­achten freigab.

Schwerwiegende Bedenken der Gutachter
In diesen Gutachten wurden erhebliche Bedenken gegen die Errichtung der Wind­parks auf den geplanten Standorten geäußert (Gutachter vom FGOU zum Stand­ort Linacher Rücken: “Aufgrund der Vielzahl an Überflügen durch Rotmilan und Wespenbussard ergibt sich eine starke Gefährdung der beiden Arten durch den Bau und Betrieb der Windenergieanlagen und somit ein möglicher Verbotstat­bestand nach § 44 f BNatSchG.” Gutachter von BIOPLAN zum Standort Rap­peneck: “... kommen wir aus gutachterlicher Sicht zu dem Ergebnis, dass die Geneh­mi­gungsfähigkeit der geplanten Windenergieanlagen aus naturschutz­fachlicher Sicht ernsthaft in Frage zu stellen ist.”).

Urheberrechte vs Anspruch der Öffentlichkeit auf alle Umweltinformationen
Der Einblick in das Gutachten des Büros GÖG, das von Siventis beauftragt wurde, wurde hingegen verwehrt. Zur Begründung verwies das LRA darauf, dass die Fa. SIVENTIS für sich und das Büro GÖG Urheberrechte beansprucht, die einer Veröf­fentlichung entgegenstünden.
Die Begründung erscheint sehr fragwürdig. Wie die Vergangenheit zeigt, besteht an dem Genehmigungsverfahren für die Wind­parkstandorte ein hohes Interesse der Öffentlichkeit. Die Artenschutzgut­achten bilden eine wesentliche Grundlage für den Entscheidungsprozess. Um der Allge­mein­heit eine möglichst objektive Meinungsbildung und eine Auseinandersetzung mit den Umweltfragen zu er­mög­lichen, die möglicherweise von wichtiger Bedeutung für eine vielleicht fol­gen­rei­che immissionsschutzrechtliche Ent­schei­dung sind, ist die Kenntnis aller Gutach­ten unumgänglich. Dies ist auch der Sinn von §24 des Umweltverwaltungsge­set­zes. Aus diesem Grund wurde im Dezem­ber Widerspruch gegen den Bescheid des LRA eingelegt.
Anfang Februar wurde der Widerspruch vom LRA abgewiesen und der Vorgang dem Regierungspräsi­dium Freiburg mit der Bitte um Entscheidung über­sandt. Das Regierungspräsi­dium hat sich unserer Argumentation angeschlos­sen und Ende März das Land­ratsamt aufgefordert, unserem Widerspruch abzu­helfen, d.h. unse­rem Antrag auf Zugang zu allen Umweltinformationen stattzu­geben.
Obwohl das LRA daraufhin gebeten wurde, nun sehr zügig zu entscheiden, damit nicht noch mehr Zeit verlo­ren geht (immerhin wurde der Antrag im Juli 2018 (!) gestellt) und wir uns mit den Unterlagen auseinander setzen können, ist bis heute (Mitte Mai 2019) nichts geschehen.
Wie wir mittlerweile erfahren konnten, beabsichtigt die Fa. SIVENTIS die Abhil­feentscheidung im Wege der Klageerhebung gerichtlich klären zu lassen.

Versucht das LRA eine öffentliche Auseinandersetzung mit relevanten Umwel­t­infor­ma­ti­onen zu verhindern?
Das gesamte Vorgehen erweckt sehr den Eindruck, dass das Landratsamt eine öffent­liche Auseinandersetzung mit den für seine Entscheidung relevanten Umweltin­for­ma­tionen verhindern möchte, um dann möglichst ungestört im Wege einer “Überraschungsentscheidung” einen immissionsschutzrechtlichen Genehmi­gungsbescheid bekanntzugeben.
Dieser Eindruck war bei uns auch schon vor­her entstanden, als das LRA einen schon vereinbarten Gesprächstermin im Januar mit der Initiative Gegenwind kurzfristig absagte mit der Begründung “Derzeit stehen wir mit der höheren Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Freiburg und auch der LUBW zur Klärung artenschutzrechtlicher Fragestellungen zu den beiden genannten WEA-Standorten in Kontakt. Eine Entscheidung kann erst getroffen werden, wenn alle Details und offenen Punkte geprüft sind. Da dies noch etwas Zeit in Anspruch nimmt, macht es im Moment aus Sicht des Landratsamts keinen Sinn, den wei­teren Fortgang der Angelegenheit mit Ihnen zu erörtern.” Diese Begründung klingt sehr danach, als ob das LRA nicht an einem ergebnisoffenen Gespräch interessiert war sondern den Termin nur dazu nutzen wollte, um uns mit einer schon getroffenen Entscheidung zu konfrontieren.

Ein Vorgehen mit einer “Überraschungsentscheidung” ergäbe allerdings das verheerende Bild, dass der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des LRA die schwer wiegende Bedenken der Gutachter der Städte ignorieren und allein auf dem unter Verschluss gehaltenen Gutachten des von der Siventis bestellten Gutachterbüros beruhen würde.
Zusätzlich Brisanz erhält dies dadurch, dass sich Siventis mit allen Mitteln gegen eine Veröffentlichung ihres Artenschutz­gut­ach­tens wehrt. Es erhebt sich da schon die Frage, welche möglicherweise brisanten Umweltinformationen der Öffent­lichkeit dadurch vorenthalten werden sollen.
Das LRA hatte mehrfach zum Aus­druck gebracht, dass ihm Transparenz des Ver­fahrens ein wichtiges Anliegen ist und sollte dies auch in die Tat umsetzen. Schon allein der Eindruck, dass sich eine staatliche Institution wie das Landratsamt der öffentlichen Kontrolle zu entziehen versucht, Entscheidungen an der Öffentlich­keit vorbei trifft und Anweisungen der Aufsichtsbehörde missachtet, ist geeignet, Vertrauen in staatliche Institutionen in erheblichem Maße zu zerstören.



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