Es sollen einige inhaltliche Hauptaussagen der Artenschutzfachlichen Bewertung (so der korrekte Namen des GÖG-Gutachtens) von Siventis dargestellt werden und mit den beiden von den Städten Furtwangen und Vöhrenbach in Auftrag gegebenen Gutachten (Bioplan-Institut f. angewandte Biologie und Planung Tübingen für Vöhrenbach auf dem Rappeneck und Fachgruppe für ornithologische Untersuchungen (FGOU) für Furtwangen auf dem Linacher Rücken) verglichen werden.
Im Herbst 2016 war die Genehmigung für die beiden geplanten Windparks
auf dem Rappeneck und dem Linacher Rücken zunächst versagt worden.
Grund war vor allem das Vorkommen von Milanen und Wespenbussarden an
den geplanten Standorten. Der Siventis AG wurde jedoch die Chance
eingeräumt, im folgenden Jahr ein weiteres Gutachten erstellen zu
lassen (zur Vorgeschichte siehe auch unten stehenden Artikel “Es geht weiter” und
Südkurierartikel “Vorläufiges
Aus für zwei Windkraftparks bei Furtwangen” vom 11.10.2016.).
Beauftragt wurde GÖG, Gruppe für ökologische Gutachten. Gleichzeitig
beauftragten die Städte Furtwangen und Vöhrenbach die bisher tätigen
Gutachter ihre Untersuchungen fortzusetzen, um ihre bisherigen
Ergebnisse zu überprüfen. Das führte nun zu der Situation, dass im
Sommer 2017 die entsprechenden Gutachter von GÖG und die der Kommunen
parallel in den gleichen Gebieten und etwa zur gleichen Zeit tätig
waren. Man sollte also erwarten, dass die resultierenden Gutachten
zumindest ähnlich sein sollten. Doch weit gefehlt!
Die städtischen Gutachter konnten auch für 2017 ihre Ergebnisse von
2016 im Wesentlichen bestätigen. Aufgrund dessen, dass in beiden
Gebieten, Rappeneck und Linacher Rücken ein Rotmilan-Dichtezentrum im
Umfeld sämtlicher Anlagen besteht und aufgrund des Vorkommens des
Wespenbussards sowie der hohen Überflugrate beider Arten auf dem
Linacher Rücken kommen sie zu dem abschließenden Ergebnis, dass eine
Genehmigung der geplanten Windenergieanlagen aus
naturschutzfachlicher Sicht ernsthaft in Frage zu stellen sei.
Hingegen erkennt das Büro GÖG kein Dichtezentrum des Rotmilans an den
geplanten Windkraftstandorten: “Sämtliche aus vorherigen
Untersuchungen sowie diversen Datenquellen stammenden Hinweise auf
weitere Brutvorkommen der Art innerhalb der 3,3 km Prüfradien wurden
im Jahr 2017 nachkartiert bzw. kontrolliert. Bei allen potenziellen
Brutvorkommen kann in beiden geplanten Standorten eine Brutaktivität
in 2017 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.”
Das Wespenbussard-Vorkommen wurde auch von GÖG im Bereich des
Linacher Höhenrückens nachgewiesen, was die Verwirklichung eines
Verbotstatbestandes § 44 Abs.1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes
erfüllen würde. Jedoch relativiert das GÖG-Gutachten diese Aussage mit
dem Hinweis, dass ein Verlust dieses Gebiets vom Wespenbussard zu
verkraften sei, weil es genug geeignete Habitate in der Umgebung gebe.
Es ist schon erstaunlich, dass Gutachter, die in den gleichen Gebieten
zu gleichen Zeiten unterwegs waren, in großen Teilen zu so
widersprüchlichen Ergebnissen kommen. Es drängt sich da schon die
Frage nach der Neutralität seitens des Büros GÖG auf, insbesondere
auch vor dem Hintergrund der Vorgeschichte.
An dieser Stelle soll aber nicht spekuliert werden, das wird dem Leser
überlassen. Zwei Punkte haben aber sicher auch eine Rolle gespielt.
Zum einen haben im Unterschied zu den Gutachtern vom Büro GÖG die
beiden von Furtwangen und Vöhrenbach beauftragen Gutachter einen
zweijährigen Untersuchungszeitraum gehabt und profitierten dadurch
u.a. von einer profunden Ortskenntnis. Zum andern sind, wie es die
Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) fordert, bei den
Gutachten von Furtwangen und Vöhrenbach auch eine Vielzahl an
Informationen und Bildbelegen von Anwohnern bezüglich der Aktivitäten
und Vorkommen von Rotmilan und Wespenbussard berücksichtigt worden.
Bei der Gewichtung der vorliegenden Gutachten, vor der das Landratsamt
steht, ist sicher folgender Aspekt zu berücksichtigen. Bei den
ausgedehnten Waldgebieten und großen Aktivitätsradien der Rotmilane
von mehreren Kilometern ist die Beobachtung von Revier- und
Brutaktivitäten des Rotmilans nicht einfach und erfordert einen hohen
Zeitaufwand. Das LUBW hat daher Kriterien, u.a. eine
Mindestbeobachtungsdauer, festgelegt, wobei das natürlich auch keine
Garantie für einen erfolgreichen Nachweis ist. Aus diesem Grund ist
ein Gutachten, das Brutvorkommen mit “hinreichender
Wahrscheinlichkeit” aufgrund von Nicht-Beobachtungen ausschließt,
immer im Nachteil gegenüber von Gutachten, die den Nachweis von
Brutzentren auf der Basis von zahlreichen Beobachtungen sowohl der
Gutachter wie auch von vielen Anwohnern erbringt, wie es der Fall bei
den beiden von den neutralen Städten, Furtwangen und Vöhrenbach in
Auftrag gegebenen Gutachten ist. Die Initiative Gegenwind jedenfalls
beabsichtigt, die Schlüsse aus den unterschiedlichen Bewertungen von
Fachleuten überprüfen zu lassen