Rotmilane beim abendlichen Thermikkreisen am westlichen Waldrand des Rappenecks

Juli 2019
GÖG-Gutachten, was steht drin?

Es sollen einige inhaltliche Hauptaussagen der Artenschutzfachlichen Bewer­tung (so der korrekte Namen des GÖG-Gutachtens) von Siventis dargestellt wer­den und mit den beiden von den Städten Furtwangen und Vöhrenbach in Auftrag gegebenen Gutachten (Bioplan-Institut f. angewandte Biologie und Planung Tübin­gen für Vöhrenbach auf dem Rappeneck und Fachgruppe für ornitholo­gische Untersuchungen (FGOU) für Furtwangen auf dem Linacher Rücken) ver­glichen werden.

Zur Erinnerung
Im Herbst 2016 war die Genehmigung für die beiden geplanten Windparks auf dem Rappeneck und dem Linacher Rücken zunächst versagt worden. Grund war vor allem das Vorkommen von Milanen und Wespenbussarden an den geplanten Standorten. Der Siventis AG wurde jedoch die Chance eingeräumt, im folgenden Jahr ein weiteres Gutachten erstellen zu lassen (zur Vorgeschichte siehe auch unten stehenden Artikel “Es geht weiter” und Süd­kurierartikel “Vorläufiges Aus für zwei Windkraftparks bei Furtwangen” vom 11.10.2016.). Beauftragt wurde GÖG, Gruppe für ökologische Gutachten. Gleichzeitig beauftragten die Städte Furtwangen und Vöhrenbach die bisher tätigen Gutachter ihre Untersuchungen fortzusetzen, um ihre bisherigen Ergebnisse zu überprüfen. Das führte nun zu der Situation, dass im Sommer 2017 die entsprechenden Gutachter von GÖG und die der Kommunen parallel in den gleichen Gebieten und etwa zur gleichen Zeit tätig waren. Man sollte also erwarten, dass die resultierenden Gutachten zumindest ähnlich sein sollten. Doch weit gefehlt!

Gegensätzliche Ergebnisse
Die städtischen Gutachter konnten auch für 2017 ihre Ergebnisse von 2016 im Wesentlichen bestätigen. Aufgrund dessen, dass in beiden Gebieten, Rappeneck und Linacher Rücken ein Rotmilan-Dichtezentrum im Umfeld sämtlicher Anlagen besteht und aufgrund des Vorkommens des Wespenbussards sowie der hohen Überflugrate beider Arten auf dem Linacher Rücken kommen sie zu dem abschlie­ßenden Ergebnis, dass eine Genehmigung der geplanten Windenergie­anlagen aus naturschutzfachlicher Sicht ernsthaft in Frage zu stellen sei.
Hingegen erkennt das Büro GÖG kein Dichtezentrum des Rotmilans an den geplanten Windkraftstand­orten: “Sämtliche aus vorherigen Untersuchungen sowie diversen Datenquellen stammenden Hinweise auf weitere Brutvorkommen der Art innerhalb der 3,3 km Prüfradien wurden im Jahr 2017 nachkartiert bzw. kontrolliert. Bei allen poten­ziellen Brutvorkommen kann in beiden geplanten Standorten eine Brutaktivität in 2017 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.”
Das Wes­pen­bussard-Vorkommen wurde auch von GÖG im Bereich des Linacher Höhen­rückens nachgewiesen, was die Verwirklichung eines Verbotstatbestandes § 44 Abs.1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes erfüllen würde. Jedoch relativiert das GÖG-Gutachten diese Aussage mit dem Hinweis, dass ein Verlust dieses Gebiets vom Wespenbussard zu verkraften sei, weil es genug geeignete Habitate in der Umgebung gebe.

Wie sind die widersprüchlichen Ergebnisse zu erklären?
Es ist schon erstaunlich, dass Gutachter, die in den gleichen Gebieten zu gleichen Zeiten unterwegs waren, in großen Teilen zu so widersprüchlichen Ergebnissen kommen. Es drängt sich da schon die Frage nach der Neutralität seitens des Büros GÖG auf, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Vorgeschichte.  An dieser Stelle soll aber nicht spekuliert werden, das wird dem Leser überlassen. Zwei Punkte haben aber sicher auch eine Rolle gespielt. Zum einen haben im Unterschied zu den Gutachtern vom Büro GÖG die beiden von Furtwangen und Vöhrenbach beauftragen Gutachter einen zweijährigen Untersuchungszeitraum gehabt und profitierten dadurch u.a. von einer profunden Ortskenntnis. Zum andern sind, wie es die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) fordert, bei den Gutachten von Furtwangen und Vöhrenbach auch eine Vielzahl an Informationen und Bildbelegen von Anwohnern bezüglich der Aktivitäten und Vorkommen von Rotmilan und Wespenbussard berücksichtigt worden.

Landratsamt muss Gewichtung vornehmen
Bei der Gewichtung der vorliegenden Gutachten, vor der das Landratsamt steht, ist sicher folgender Aspekt zu berücksichtigen. Bei den ausgedehnten Waldge­bieten und großen Aktivitätsradien der Rotmilane von mehreren Kilometern ist die Beobachtung von Revier- und Brutaktivitäten des Rotmilans nicht einfach und erfordert einen hohen Zeitaufwand. Das LUBW hat daher Kriterien, u.a. eine Mindestbeobachtungsdauer, festgelegt, wobei das natürlich auch keine Garantie für einen erfolgreichen Nachweis ist. Aus diesem Grund ist ein Gutachten, das Brut­vorkommen mit “hinreichender Wahrscheinlichkeit” aufgrund von Nicht-Beo­bachtungen ausschließt, immer im Nachteil gegenüber von Gutachten, die den Nachweis von Brutzentren auf der Basis von zahlreichen Beobachtungen sowohl der Gutachter wie auch von vielen Anwohnern erbringt, wie es der Fall bei den beiden von den neutralen Städten, Furtwangen und Vöhrenbach in Auftrag gegebenen Gutachten ist. Die Initiative Gegenwind jedenfalls beabsichtigt, die Schlüsse aus den unterschiedlichen Bewertungen von Fachleuten überprüfen zu lassen



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