Die Auflage des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis, wonach
die Artenschutzgutachten des Investors der geplanten Windkraftanlagen
bei Rohrbach und Linach ausschließlich zum internen Gebrauch der
Bürgeriniative Gegenwind Oberes Bregtal bestimmt seien und
insbesondere eine Veröffentlichung sowie eine Weiterreichung an Dritte
nicht erfolgen dürfe wurde gerichtlich aufgehoben.
Der Position des Landratsamts, dass es keinen Einfluss der
Öffentlichkeit auf ein laufendes Verwaltungsverfahren haben möchte,
ist das Verwaltungsgericht Freiburg mit bemerkenswerter Deutlichkeit
entgegengetreten.
Gleichzeitig beauftragten die Städte Furtwangen und Vöhrenbach die
bisher tätigen Gutachter ihre Untersuchungen fortzusetzen. Die drei
Gutachten wurden im vergangen Sommer fertig gestellt.
Die Initiative Gegenwind beantragte im Juli 2018 nach §24 ff des
Umweltverwaltungsgesetzes (UVwG) Einsicht in die Gutachten, der das
LRA im Oktober nur zum Teil entsprach und ausschließlich die
städtischen Gutachten freigab.
In diesen Gutachten wurden erhebliche Bedenken gegen die Errichtung
der Windparks auf den geplanten Standorten geäußert (Gutachter zum
Standort Linacher Rücken: “Aufgrund der Vielzahl an Überflügen durch
Rotmilan und Wespenbussard ergibt sich eine starke Gefährdung der
beiden Arten durch den Bau und Betrieb der Windenergieanlagen und
somit ein möglicher Verbotstatbestand nach § 44 f BNatSchG.”
Gutachter zum Standort Rappeneck: “... kommen wir aus gutachterlicher
Sicht zu dem Ergebnis, dass die Genehmigungsfähigkeit der geplanten
Windenergieanlagen aus naturschutzfachlicher Sicht ernsthaft in Frage
zu stellen ist.”).
Der Einblick in das Gutachten des vom Investor beauftragten Büros
wurde hingegen verwehrt. Zur Begründung verwies das LRA darauf, dass
der Investor für sich und das Büro Urheberrechte beansprucht, die
einer Veröffentlichung entgegen stünden. Da an dem
Genehmigungsverfahren für die Windparkstandorte ein hohes Interesse
der Öffentlichkeit besteht und die Artenschutzgutachten eine
wesentliche Grundlage für den Entscheidungsprozess bilden, legte die
Bürgerinitiaive Gegenwind Dezember 2018 Widerspruch gegen den
Bescheid des LRA ein. Anfang Februar 2019 wurde der Widerspruch vom
LRA abgewiesen und der Vorgang dem Regierungspräsidium Freiburg mit
der Bitte um Entscheidung übersandt. Das Regierungspräsidium hat sich
der Argumentation der BI angeschlossen und Ende März das Landratsamt
aufgefordert, dem Widerspruch abzuhelfen, d.h., dem Antrag der BI auf
Zugang zu allen Umweltinformationen stattzugeben.
Im Juni 2019 hat das LRA die Anordnung getroffen, dass die Initiative
Gegenwind Oberes Bregtal das infrage stehende Gutachten zur Einsicht
erhält. Allerdings hat Gegenwind die Auflage bekommen, dass die
Unterlagen von der BI vertraulich zu behandeln sind (Zitat: “… wird
die Bewilligung Ihres Antrags verbunden mit der Auflage, dass die
zugänglich gemachten Unterlagen ausschließlich zum eigenen internen
Gebrauch der Widerspruchsführerin bestimmt sind. Insbesondere darf
eine Veröffentlichung, etwa durch Einstellung ins Internet oder in
Social-Media-Plattformen, sowie eine Weiterreichung an Dritte nicht
erfolgen.“)
Die Begründung dafür ist allerdings verblüffend (Zitat):
„... Es soll vermieden werden, dass durch eine etwaige öffentliche
Diskussion der Gutachteninhalte versucht werden könnte, auf die noch
ausstehende verwaltungsrechtliche Entscheidung der unteren
Immissionsschutzbehörde über die Zulässigkeit der Errichtung der
Windenergieanlagen Einfluss zu nehmen oder die Entscheidungsfindung
zu erschweren."
Auf der einen Seite konstatiert das LRA, dass das öffentliche
Interesse an der Bekanntgabe des Gutachtens überwiege, auf der anderen
Seite soll aber eine öffentliche Diskussion unterbunden werden. Das
Zustandekommen einer öffentlichen Diskussion ist aber auch das
erklärte Ziel des zugrunde liegenden Gesetzes (§24 ff UVwG). Es sollen
alle umweltrelevanten Informationen der Allgemeinheit zugänglich
gemacht werden, um eine Diskussion zu ermöglichen, so dass auch eine
Behörde aufgrund von möglicherweise kritischen Stellungnahmen zu einer
möglichst richtigen Entscheidung gelangt. Aus diesem Grund reichte
Gegenwind Oberes Bregtal im Juli 2019 Klage beim Verwaltungsgericht
Freiburg gegen den Bescheid des LRA ein.
"Die in dem Bescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom
29.05.2019 verfügte Auflage, wonach die ökologischen Fachberichte
vom 16.01.2018 und vom 14.03.2018 ausschließlich zum eigenen
internen Gebrauch der Klägerin bestimmt seien und insbesondere eine
Veröffentlichung sowie eine Weiterreichung an Dritte nicht erfolgen
dürfe, wird aufgehoben."
Die Position des Landratsamts, dass es keinen Einfluss der
Öffentlichkeit auf ein laufendes Verwaltungsverfahren haben möchte,
hat das Verwaltungsgericht eindeutig verworfen, (Zitat):
"... Insofern hat das Landratsamt in der Begründung des angefochtenen
Verwaltungsakts ausgeführt, es solle eine möglichst vertrauliche
Behandlung der wissenschaftlichen Erhebungen gewährleistet und
vermieden werden, dass durch eine etwaige öffentliche Diskussion der
Gutachteninhalte versucht werden könne, auf die noch ausstehende
verwaltungsrechtliche Entscheidung der Unteren
lmmissionsschutzbehörde über die Zulässigkeit der Errichtung der
Windenergieanlagen Einfluss zu nehmen oder die Entscheidungsfindung zu
erschweren.
Dies ist schon im Ansatz verfehlt. Die Intention des Gesetzgebers
besteht gerade darin, die Information der Öffentlichkeit über
Umweltinformationen zu fördern, um eine sachkundige öffentliche
Diskussion überhaupt erst zu ermöglichen.
Eine Geheimhaltung mit dem Ziel, etwaige öffentliche Diskussionen
der Gutachteninhalte zu vermeiden, widerspricht damit dem
Gesetzeszweck sowie demokratischen Grundsätzen. Gerade wenn eine
Frage Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen ist, begründet dies
im Gegenteil ein besonderes öffentliches Interesse an Informationen
zu dieser Frage. ..."
Diese Entscheidung ist sicher nicht nur für diesen speziellen Fall von
Bedeutung, sondern sie hilft auch vielen anderen Bürgern und
Initiativen, die sich informieren bzw. einmischen möchten, wenn es um
umweltrelevante Behördenentscheidungen geht.
Das vollständige Urteil kann auf der Webseite des
Verwaltungsgerichts Freiburg eingesehen werden.