Windkraftanlagen und Umweltschutz
(Aus: Ewald Nägele im Leserforum, Schwäbische Heimat 2015/2)

Man muss sich schon fragen, was die großen Naturschutzverbände BUND und NABU umtreibt. Anstatt sich vehement gegen jegliche Energieerzeugung aus unseren Landschaften auszusprechen, bereiten sie den Boden für ein zweifel­haftes System der Gleichsetzung von Windindustrieanlagen mit Umweltschutz, wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann immer wieder argumentiert. Es soll auf Studien verwiesen werden, die den Artenschutz und damit den Umweltschutz durch Windkraftanlagen in Frage stellen.

Zum einen ist eine Studie über das Balzverhalten von Waldschnepfen zu nennen, die zu dem Ergebnis kommt, dass in der Umgebung des Windparks Simmersfeld im Nordschwarzwald die Balzflüge um 90 % zurückgegangen sind. Für Ornitho­lo­gen ein untrüglicher Hinweis auf die Populationsdichte. Dies lässt sich durch Beo­bach­tungen vor, während und nach der Erstellung der Anlagen direkt auf die Ma­schi­nen zurückführen (vgl. Ulrich Dorka et al: Windkraft über Wald - kritisch für die Waldschnepfenbalz?, in: Naturschutz und Landschaftsplanung 46/3 2014, S. 069-078).

Eine Studie im Auftrag des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schles­wig-Holstein, vom Michael-Otto-Institut im NABU 2006 erstellt, wertete 107 Stu­dien aus Deutschland über Totschlagopfer an Windkraftanlagen aus und kommt zu dem Ergebnis, dass im Mittel 6,9 Opfer pro Windkraftanlage und Jahr zu ver­zeichnen sind (vgl. Hermann Hötker: Auswirkungen des «Repowering» von Wind­kraftanlagen auf Vögel und Fledermäuse. Michael-Otto-Institut im NABU. Unter­suchung im Auftrag des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein, Bergenhusen 2006).

Eine weitere Studie, die im Informationsblatt Niedersachsen 3/2009 veröffentlicht wurde, erwähnt, dass in Feldversuchen bei ausgelegten «Opfern» und gezielter Suche maximal 20 % gefunden wurden, und dies ohne Schwund durch Aasfresser (vgl. Krüger T. u. J. Wübbenhorst (Hg.): Ökologie, Gefährdung und Schutz des Rot­milans Milvus milvus in Europa - Internationales Artenschutzsymposium Rotmi­lan. Informations­dienst Naturschutz Niedersachsen 29, Nr. 3, 2009).

Führt man die Aussagen der Studien zusammen, dann kann das für die heute existierenden 25.000 Windkraftanlagen in Deutschland eine Totschlagrate von 852.500 Vögel pro Jahr bedeuten. Dass es hierbei schon heute zu Beeinträch­tigungen der Bestandsentwicklung beim Rotmilan führt, zeigt ein Bericht in der Zeitschrift «Der Falke» 5 /2014 von Torsten Langgemach, dem Leiter der Staat­lichen Vogelschutzwarte Brandenburg. Wenn man nun die von der Politik geäu­ßerte Absicht zugrunde legt, für eine Strom­erzeugung aus 100 % Erneuerbaren Energien bis 2050 in Deutschland 200.000 bis 250.000 Windin­dustrie­anlagen aufstellen zu wollen, dann kann pro Jahr mit 8 Millionen getöteten Vögeln gerech­net werden.

Noch brisanter ist die Erkenntnis des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierfor­schung zu sehen, die aus den ermittelten Totfundzahlen von Fledermäusen auf 300.000 Opfer pro Jahr schließt (vgl. http://www.izw-berlin.de/pressemitteilung/das-haut-die-staerkste-fle-dermaus-um.html). Wie jedoch das Land Brandenburg aus den Zahlen der Totfundliste schließt, ist daraus keine zuverlässige Aussage über die tatsächlichen Verluste ableitbar. Wenn indes nur 10 % der getöteten Fle­der­mäuse gefunden werden, kann das bedeuten, dass schon heute in Deutsch­land drei Millionen Fledermäuse getötet werden. Bei einem Ausbau der Energie­wen­de mit Windkraftanlagen bis 2050 könnten dies 30 Millionen getötete Fleder­mäuse pro Jahr in Deutschland sein.

Die Absurdität der Stromerzeugung aus Wind wird offensichtlich, wenn die Ma­schi­nen bei jedem auftretenden Naturereignis, das zur Gefährdung der Avifauna führen kann, wie Nahrungsflüge, Balz und Wanderungen, abgestellt werden sollen. Einerseits ist jede erzeugte und verkaufte Kilowattstunde für die Wirtschaft eines Landes zu begrüßen, andererseits baut man auf eine Infrastruktur, die losgelöst von dem Bedarf und den Bedürfnissen in den industriellen Ballungs­zentren den Naturereignissen Wind und Vogelzug ausgeliefert ist. Eine Koalition, wie sie heute in der Energiebranche mit den Naturschutzver­bänden üblich ist, kann auf Dauer im Natur- und Umweltschutz nicht zielführend sein. Dies zeigt der ungebremste Ausbau der Windenergienutzung bei gleichzeitigem Anstieg des Forschungsbedarfs.

Ergänzend ein Zitat aus Wolf Hockenjos: "Umleitung. Wie lernfähig sind Auerhüh­ner in den Zeiten der Energiewende?", Schwäbische Heimat 2015/1, zum Auer­huhn­schutz und Windkraft:
... Zur Hälfte von Brüssel gefördert, sollte auch der Auerhuhnschutz davon profitieren, nicht zuletzt durch Finanzierung eines Pflege-und Entwicklungsplans (PEPL) für die FFH-Gebiete rund um das obere Elztal wie vor allem für das EU-Vogelschutzgebiet Rohrhardsberg. Es sage niemand, die Kommunen, der Land­kreis und die Bevölkerung der Region hätten kein Herz gezeigt für ihren «Charak­ter­vogel».
Dennoch droht es jetzt eng zu werden für die Vögel - spätestens seit 2011, seit Fukushima und dem Regierungswechsel in Stuttgart: Angesichts der so überaus ehrgeizigen grün-roten Zielvorstellungen für den Ausbau der Windenergie, auch angesichts der Verlockungen der Pachterlöse für die Grundeigentümer und des politischen Drucks auf die Kommunen wie auf den öffentlichen Wald sind weitere Einschrän­kungen des aktuell noch besiedelten wie des potenziellen Lebensraums der großen scheuen Vögel vorprogrammiert: Kaum einer der das obere Elztal einrahmenden Berge, der neuerdings nicht in den Blickpunkt der Windmüller gerückt worden wäre. In einem weiträumigen Höhengebiet, das bislang eine überlebenswichtige Brückenkopffunktion innehatte, ist dies fraglos ein für den Fortbestand der Auerhuhnpopulation höchst bedrohliches Szenario. ...



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